Michel Houellebecq

Forum

Ein Autor den ich verehre: schonungslos mit sich selbst und seiner Generation. Klar ein Männerautor (dh er schreibt aus seiner männlichen Sicht), zerrissen zwischen Anspruch und Wirklichkeit einer Generation, die in bürgerlichem Elternhaus aufgewachsen ist, die Freiheits- und Womens Lib Bewegungen in der Jugend erlebte, die moralisch tradierte Normen verloren hat und dennoch versucht, das Beste draus zu machen - was allerdings zT ein hilfloses Suchen nach identität hervorbringt.
MH nimmt das alles unter das Mikroskop seiner wissenschaftlich geprägten Sichtweise und seziert genüsslich. Nicht unumstritten, provokant, aber diskutabel.

>>By CYBERMZEE   (Friday, 2 Jul 2004 13:44)



Hey Cybermzee,

habe mich vor einigen Wochen auf Empfehlungen meines ehemaligen Klassenlehrers dazu entschieden, Houellebecq als Lektüre zu versuchen. Nachdem ich "Plattform" nach wenigen Tagen ausgelesen hatte, habe ich mich aufgrund des ansprechenden Stils gleich an ein anderes Werk heran gemacht....

Und nun meine Frage an dich: Was würdest du sagen, welche generelle Intention Houellebecq in seinen Romanen verfolgt? Oder kann man überhaupt von einer Absicht sprechen?

>>By danishbarbie   (Sunday, 1 Aug 2004 22:47)



@danishbarbie , ich glaube Houellebecq ist ledig bestrebt unsere Gesellschaft so darzustellen, wie sie wirklich ist.

>>By marlee   (Wednesday, 4 Aug 2004 10:00)



Mag sein...
aber gibt es nicht noch weitere Erklärungen?

>>By danishbarbie   (Sunday, 8 Aug 2004 22:57)



-Seine Hauptfiguren sind immer im mittleren Mannesalter (40-50). Ihr nachlassende Potenz und ihre Einsicht den Höhepunkt Ihrer männlichen Kraft schon lange hinter sich gelassen zu haben, treiben Sie zu merkwürdigen, die geltende Moral überschreitende Entscheidungen. Gruppensex, seinen Partner aus Langeweile über das eigene Dasein zu hintergehen, andere Mitmenschen verletzen, ethische Grenzen hinter sich lassen, alles ist möglich ...

Ich empfinde seine Personen nicht als weise sondern abgeklärt gelangweilt ... aber genau diese Unterschiedlichkeiten für sich selbst herauszulesen, darin liegt der Reitz ihn zu lesen.

>>By marlee   (Tuesday, 10 Aug 2004 10:03)



@ marlee, welchen Roman findest du denn eigentlich am besten?

>>By danishbarbie   (Friday, 13 Aug 2004 12:48)



dieser author ist einfach genial - ich habe mir ausweitung der kampfzone gekauft ... und nachdem lesen wollte ich noch mehr bücher von ihm lesen - und bisher habe ich keins bereut - elemantarteilchen und plattform sind genausospitze .... und lanzarote find ich auch gut

>>By pumpkins80   (Thursday, 9 Sep 2004 21:25)



für alle die "Ausweitung der Kampfzone" gelesen haben ... kann ich nur dem film empfehlen...mit kommentare vom regisseur sowie Frederic Beigbeder und Michel Houellebecq

>>By pumpkins80   (Sunday, 26 Sep 2004 19:52)



In einem von H.s Romanen erlebt einer der beiden Brüder, die die Hauptpersonen spielen, sein spätes Glück im Besuch von Swingerclubs, gemeinsam mit seiner neuen Freudin ( die freilich bald an Krebs stirbt). - Man muss den Roman meines Erachtens so verstehen, dass H den Besuch von Swingerclubs empfiehlt. Ich habe in meinem realen Leben noch nie einen Menschen getroffen, der den Besuch solcher Clubs befürwortet. - In einem anderen Roman wird die Beziehung zu einer Thai-Frau als Ort des Glücks beschrieben. Bei uns hö.re ich eigentlich nie etwas anderes, als dass die armen Thai-Frauen von reichen westlichen Sex-Touris ausgebeutet werden. -
Wer über den Inhalt von H.s Romanen urteilen möchte, muss sich meines Erachtens den von H. verbreiteten Botschaften stellen: dazu gehört die Fahrt nach Thailand, um sich dort mit Gunstfrauen zusammenzutun; dazu gehört das Lob auf das Glück im Swingerclub. - Bekennt sich hier unter den Gnooks-Lesern jemand zu diesen beiden Verhaltensweisen und begrüßt sie zumindest,wenn er sie schon nicht ausübt?

>>By LudwigCarl2000   (Monday, 27 Sep 2004 11:17)



hmmm....schwieriges thema...also solche verhaltensweisen übe ich nicht aus aber vielleicht ist das vision auf die kommende zeit wie es mal sein wird...

hab gerade ne bericht darüber gelesen...

http://www.zeit.de/archiv/2002/07/200207_sex.xml

>>By pumpkins80   (Wednesday, 29 Sep 2004 21:46)



Könnte es auch sein, dass er einfach nur Aufsehen erregen will? ^^
Ich habe Plattform gelesen und weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Die Aussage geht mir irgendwie ab, ich erkenne den Sinn des Ganzen nicht. Obwohl der Schreibstil natürlich grandios ist! Seine anderen Bücher habe ich (noch) nicht gelesen, aber vielleicht sollte ich das tun...

>>By Joni   (Wednesday, 13 Jul 2005 19:25)



Ende August erscheint sein neuer Roman "Die Möglichkeit einer Insel" auch in Deutschland. Houellebecq soll seinem Stil sowie seinen Themen treu geblieben sein.

>>By danishbarbie   (Tuesday, 16 Aug 2005 17:25)



Hui, es wundert mich ja, dass hier gar nicht über Houellebecq diskutiert wird. In den Medien war es in der letzten Woche ja ständig präsent. Sogar Harald Schmitt hat ihm fast eine ganze Sendung gewidmet. Klar, ein kettenrauchender Säufer, der in Swingerclubs geht und mit seiner Frau Softpornos dreht bietet sich da aber auch an.

Ich gebe zu, ich habe "Die Möglichkeit einer Insel" noch nicht gelesen, nur die ersten Seiten. Jedoch werde ich mir das Buch auf jeden Fall noch zu Gemüte führen. Am 12. September werde ich auf der Lesung in Köln sein. Ich bin gespannt. Er muss eine ziemlich interessante Erscheinung sein. Immer mit Hund und Zigarette. Er soll bei Lesungen auch schon eingeschlafen sein.

In Frankreich wurde das Buch im übrigen ziemlich zerrissen. Hier halten sich die Rezensionen ja in Grenzen. Man mag sich nicht so recht dazu äußern. Naja, aber DuMont hat damit einen Erfolg gelandet. Die Spiegel-Bestsellerliste ist ihnen sicher...

>>By stjärna   (Tuesday, 30 Aug 2005 19:27)



Houellebecq schreibt aus Sicht und beschreibt die Sicht eines Schizoiden. Eine Beziehung einzugehen bedeutet zwangsläufig Abhängigkeit, auch wenn Erich Fromm gegenteiliger Meinung war. Das hat Houellebecq erkannt und verarbeitet es in seinen hoffnungslos abgeklärten Romanen. Die 'Helden', hier passt 'Protagonisten' eindeutig besser, sind desillusionierte alternde Menschen, deren Natur von den Zwängen ihrer Kultur unterworfen wird, oft Menschen, die schon aufgegeben haben.
Houellebecq ist der logische nächste Schritt nach Sartre's Existenzialsmus und der Postmoderne. Ein Autor der erschreckend klar erkannt hat, wie unwichtig der Mensch eigentlich ist, und gleichzeitig weiß, wie schwer es demselben fällt dies zu akzeptieren.

>>By roquentin   (Wednesday, 21 Sep 2005 10:26)



Deshalb mag ich Michel Houellebecq...


EIN LEBEN, EIN KLEINES

Ich fühlte mich alt schon kurz nach meiner Geburt;
Die anderen kämpften, begehrten, seufzten;
Ich spürte in mir nichts als formloses Bedauern.
Ich habe nie so etwas wie eine Kindheit gehabt.

Tief in manchen Wäldern, auf einem Teppich aus Moos,
Überdauern widerliche Bäumstämme [sic!] ihr Blattwerk;
Um sie herum entsteht eine Aura der Trauer;
Ihre Haut ist schmutzig und schwarz, Pilze wuchern darauf.

Ich habe nie gedient, weder einem Menschen noch einer Sache;
Das ist schade. Wer nur für sich selbst lebt, lebt schlecht.
Die geringste Bewegung ist dann ein Problem,
Man fühlt sich unglücklich und dennoch beliebig.

Man regt sich schwach, wie ein winziges Tier;
Man ist fast nichts mehr, und doch, wie schwer muss man leiden!
Man trägt mit sich eine Art Abgrund herum
Tragbar und schäbig, irgendwie lächerlich auch.

Man glaubt nicht mehr ganz, dass der Tod so schlimm ist;
Eigentlich nur aus Prinzip lacht man noch von Zeit zu Zeit;
Man versucht vergebens, Zynismus zu erlangen.
Dann nimmt man alles hin, und der Tod erledigt den Rest.

(aus: Michel Houellebecq: Suche nach Glück)

>>By stjärna   (Friday, 28 Oct 2005 20:31)



Das Forum ist zur zeit geschlossen.